Über Shitstorms und andere Krisensituationen im Social Web und wie wichtig ein Krisenhandbuch ist

Das Damoklesschwert des Shitstorm schwebt über jedem, der sich im Social Web von Berufs wegen bewegt. Geschäftsführer, PR-Berater und Kommunikationsmenschen kriegen Schnappatmung und Schweißausbrüche, wenn sie nur daran denken, das auch sie – ja AUCH SIE – einmal ein Shitstorm treffen könnte. 2014 hat es nicht nur A, B und C-Promis wie Michael Wendler erwischt, sondern auch viele Unternehmen wie Vapiano, IKEA, SkyGO, Germanys Next Top Model, Ariel oder, wen wunderts, auch den ADAC.

Aber nicht nur namhafte Firmen mit einer intensiven Außenkommunikation kann es treffen. Kritik, Schmähungen, Beleidigungen, Enthüllungen und Beschimpfungen sind immer öfter das Mittel der Wahl, wenn sich Menschen unverstanden fühlen, nicht ernst- oder wahrgenommen, oder auch einfach nur trollen wollen. Vor allem Letztere haben sich epidemieartig im Netz verbreitet. Das führte Ende 2014 zu einer Serie von Beiträge zu bzw. gegen Trolle, so beispielsweise von:

Selbst Twitter Chef Dick Costolo hat anerkannt, dass Twitter ein hervorragender Nährboden für Trolle ist: „Unser Umgang mit Trollen ist mies“.

Nun sind es aber nicht nur Trolle, die sich in Kritik im Netz üben, sondern auch andere Menschen mit anderen Hintergründen. Was tut man also am besten, wenn auf der Facebook-Page, auf Twitter, dem YouTube-Channel oder in der Blogosphäre das Unwetter über einen hereinbricht.

1. Ruhe bewahren

Hektik und Panik nützen keinem etwas. Wenn die Lawine einmal losgetreten ist, bringen meist auch schnelle Deeskalationsversuche nichts. Die erhitzen Gemüter sind in der ersten Euphorie einfach nicht zu besänftigen. Aber auch unbedachte Antworten auf einzelne Kommentare können das Feuer weiter anfachen, denn löschen.

2. Situation analysieren

Wer hat was und wo zu welchem Thema geschrieben? Welche Außenwirkung, Reichweite, Popularität hat der Autor und das Netzwerk? Wie gravierend ist die Kritik und welchen Bereich des Unternehmens berührt sie? Bezieht sich der Beitrag auf eine Sache oder eine Person? Ist sie unsachlich und emotional oder eher nüchtern und wertfrei geschrieben? Ist der Autor ein normaler Nutzer, ein Troll oder gar eine Maschine? Gibt es bereits Reaktionen und wie sehen diese aus?

Krise ist nicht gleich Krise. Die oft zitierten Shitstorms sind eigentlich meist ganz normale Reaktionen auf Situationen, die das Unternehmen entweder selber verursacht hat oder die aus mangelnden Informationen oder Fehldeutungen heraus entstehen. Dass Dirk Nowitzki in einem DiBa-Werbespot beim Fleischer eine Scheibe Wurst kauft, hat ja nicht zwangsläufig bedeutet, dass die DiBa jetzt gegen Vegetarier ist (Wurst-Case-Szenario). Oftmals entstehen Krisensituationen auch, wenn das Unternehmen falsch oder gar nicht auf berechtigte Kritik reagiert.

3. Dem Krisenhandbuch folgen

Es ist selten, dass eine Krise vorher noch niemals dagewesen ist. Oftmals gibt es an irgendeiner Stelle im Unternehmen bereits ähnliche Erfahrungen und Erkenntnisse, wie man darauf reagieren sollte oder kann. Ebenso sollte es für viele mögliche und potentielle Krisen eine Art Leitfaden, ein Krisenhandbuch geben, an welches sich die Community Manager und Social Media Manager halten können. Vorgegebene Eskalationsstufen (wen informiere ich wann) sind hier ebenso wichtig wie eine genaue Dokumentation der Situation. Es muss also schon klar sein, wer bei einer tatsächlichen Krisensituation den Hut auf hat und vor allem, wann es eine Krise per Definition ist. Ich habe einmal in einem Unternehmen ein solches Handbuch gemeinsam mit verschiedenen Abteilungen entwickelt. Hier war beispielsweise definiert, dass Themen im Zusammenhang internen Informationen, Gefahr für Leib und Leben von Menschen, aber auch Produktionsfehler zu Krisenthemen gehören, die dann nicht mehr vom Community Manager, sondern von der Presseabteilung, der Unternehmenskommunikation oder sogar vom Vorstand selbst bearbeitet werden.

Das Krisenhandbuch ist also ein Dokument, was für alle relevanten Personen leicht zugänglich zentral im Unternehmen abgelegt und ständig erweitert wird. Es beinhaltet in den meisten Fällen:

  • Eskalationsstufen – Ansprechpartner mit Kontaktdaten
  • Themenmatrix für die Einordnung der Kritik
  • Guidelines für Community Manager und Social Media Manager
  • Bewertungsskala für Autor, Netzwerk und Verbreitung
  • Handlungsvorgaben für bereits bekannte Krisenszenarien – freigegebene Texte und Antworten

Krisenhandbuch

Das Krisenhandbuch profitiert vom Wissen vieler Mitarbeiter und wird ständig weiterentwickelt. 

Es hilft, die Situation richtig einzuordnen, schafft Klarheit und ist Leitfaden für den Umgang mit einer Krise.

Muss nun jedes Unternehmen solch ein Krisenhandbuch haben? Nein, natürlich nicht. Es hilft schon, wenn die Mitarbeiter an der „Front“ wissen, wen sie anrufen müssen, wenn es brennt. Außerdem sollten gemachte Erfahrungen im Umgang mit Kritik oder auch Trollen irgendwo dokumentiert werden, damit dieses Wissen nicht verloren geht, wenn die Personalie einmal wechselt.

Auch 2015 werden wir uns wieder amüsieren (oder auch nicht), wenn Wellen von Empörung und Sarkasmus über Unternehmen, TV-Sendungen, Promis & Co. schwappen. Die ersten waren ja schon da: SuperBowl, Dschungelcamp….

Übrigens – Beleidigungen, Beschimpfungen oder Drohungen im Netz können auch eine Straftat sein und entsprechend geahndet werden. Das Social Web ist kein rechtsfreier Raum, auch für anonyme Nutzer nicht.

 

 

 

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