Gestern wurde ich per Mail darüber informiert, dass Hallimash Insolvenz anmelden musste. Wer Hallimash nicht kennt: Hallimash ist eines der größten deutschen Netzwerke für Social Channel Marketing oder auch kurz Blogmarketing. 2007 gegründet haben sich mittlerweile gut 5.000 Blogs dem Netzwerk angeschlossen und an 500 Kampagnen teilgenommen. Eine der letzten Kampagnen war eine Studie zur Beziehung zwischen Bloggern und ihren Lesern, an der auch 102 Blogger und 1.018 Blogleser teilgenommen haben (zur Studie).
Ich möchte nun hier einmal kurz darstellen, was sich hinter dem Begriff Blogmarketing verbirgt und was der Unterschied zu Blogger-Relations ist. Das Thema bietet Stoff für viele viele Seiten Text. Das wäre für einen Blogpost aber viel zu viel, daher heute nur ein kurzer Abriss, zumal man im Netz bereits viel Material dazu findet.
Wie funktioniert Blogmarketing über Hallimash
- Blogger bewerben sich mit ihrem Blog beim Netzwerk, werden anhand des Inhaltes, der Qualität und der Reichweite überprüft und dann ins Netzwerk aufgenommen.
- Unternehmen beauftragen Hallimash mit der Umsetzung einer Blogmarketing-Kampagne bspw. für ein Produkt und stellen dafür in der Regel Testgeräte zur Verfügung, die der Blogger dann im Anschluss auch behalten darf
- Blogger bewerben sich auf die Kampagne, werden ausgewählt und erstellen dann entsprechende Testberichte, gekennzeichnet als „Anzeige“
Die letzte Kampagne, die ich auf dem Portal finden konnte, war die zur Markteinführung des Smartphones „Rainbow Lite“ von Wiko.
Soweit so gut. Diese Methode hatte auch einigen Erfolg in den vergangenen Jahren, scheuten doch viele Unternehmen den Aufwand, selbst mit den Bloggern eine Beziehung aufzubauen. Es ist eben einfacher, ein Netzwerk für sich arbeiten zu lassen. So bekommt man schnell Zugang zu Influencern und muss diese nach Abschluss der Kampagne aber nicht weiter betreuen.
Aber genau das funktioniert mittlerweile nicht mehr und zwar aus verschiedenen Gründen.
Wie Blogmarketing richtig funktionieren sollte
Ein Blog lebt von der Glaubwürdigkeit und Integrität des Bloggers. Die Leser erwarten von ihm Informationen, eine eigene Meinung und eine kritische Auseinandersetzung mit Themen. Sobald sich aber ein Blogger für seine Artikel bezahlen lässt, wird es schwierig mit der Authentizität. Denn dann ist er nicht mehr unvoreingenommen und bekommt im schlimmsten Fall ein akutes Problem mit seiner Glaubwürdigkeit. Und die ist, glaubt man den einschlägigen Studien – unter anderem jener, die ich eingangs erwähnte – ein wichtiges Kriterium für die Leser.
In meinen Augen ist es für jeden Blogger eine absolute Gratwanderung. Auf der einen Seite möchte man mit seinem Blog Geld verdienen und ist daher auf Kooperationen angewiesen. Auf der anderen Seite ist man seinen Lesern verpflichtet, ohne die solche Aufträge gar nicht erst zustande kommen würden.
Mode, Food, Technik, Auto, Reisen sind nur einige Bereiche, in denen sich viele erfolgreiche Blogs tummeln, die einen großen Leserkreis mit Informationen versorgen und dabei auch Kooperationen zu Unternehmen pflegen. Wichtig ist hier aber die glaubwürdige und auch kritische Auseinandersetzung mit den Themen und Produkten. Ein Blogger, der alle Produkte seines Kooperationspartners in den Himmel lobt, wirkt nicht mehr authentisch, verliert an Glaubwürdigkeit, an Lesern, an Bedeutung und dann auch an Interesse für mögliche Kooperationen. Wenn man jedoch zu kritisch über ein getestetes Produkt schreibt, läuft man Gefahr, keine weiteren Aufträge von dem Unternehmen zu erhalten.
Daher ist es für das beauftragende Unternehmen oberstes Gebot, dem Blogger soviel wie möglich Spielraum einzuräumen. Es muss eben auch damit gerechnet werden, dass ein Beitrag mal negativ ausfällt, auch wenn das die Marketingabteilung nie gern hört. Der Blogger lebt von seiner Authentizität und die darf ein Unternehmen nicht in Gefahr bringen, will es langfristig erfolgreich mit ihm zusammenarbeiten.
Ich finde daher den Begriff „Blogmarketing“ auch nicht mehr passend für die heutige Zeit. Denn es ist eben nicht nur Marketing, was hier betrieben wird, sondern es sind Beziehungen, die aufgebaut und gepflegt werden. Und in einer Beziehung muss man sich auch einmal gegenseitig die Meinung sagen und hat auch nicht immer dieselbe. Der Begriff „Blogger Relations“ passt daher viel besser und hat sich auch schon im Markt etabliert. Blogger wissen mittlerweile um ihrem Wert für die Industrie und können sich so auch deutlich besser verkaufen als noch vor einigen Jahren.
Blogmarketing OUT – Blogger Relations IN
Okay, das ist jetzt sehr plakativ, aber in meinen Augen absolut passend. Das klassische Blogmarketing über Blognetzwerke und bezahlte Artikel hat für meine Begriffe ausgedient. Daher ist es in meinen Augen auch nicht verwunderlich, dass Netzwerke wie Hallimash weichen müssen. Es ist einfach nicht mehr zeitgemäß, Content nach dem Gießkannen-Prinzip im Netz zu streuen. Das ist weder SEO-förderlich, noch trägt es zur Reputation und der Imagepflege bei.
Ein persönlicher Kontakt zu, für das eigene Unternehmen, wichtigen Menschen im Netz, sogenannten Influencern, ist zwar aufwändiger und kostenintensiver, aber langfristig erfolgreicher. Nun möchte ich nicht behaupten, das Blognetzwerke komplett ausgedient haben. Auf die richtige Strategie und den Umgang mit beiden Parteien kommt es an. Ich sehe Blognetzwerke eher als Vermittler, denn als Dienstleister an. Sie sollen den Unternehmen den Erstkontakt zum Blogger ermöglichen und diese Beziehung ggf. auch mit begleiten. Gerade für Start-Ups und kleine Unternehmen ist es oft nicht möglich, die nötigen Ressourcen für ein ausgereiftes Beziehungsmanagement bereitzustellen. Aber gerade die Firmen sind auf die Reichweite und das Netzwerk von Blogs angewiesen. Blognetzwerken wie Hallimash kommt also in meinen Augen weniger die Aufgabe der Kampagnen-Umsetzung zu, sondern vielmehr der Kontaktherstellung und Beziehungspflege und eventuell auch der Professionalisierung der Blogs zu. Nicht jeder Blog hat bereits einen optimierten Auftritt und eine gute SEO. Hier können Netzwerke sicherlich Hilfestellung leisten.
Ich meine mit „Blognetzwerk“ übrigens und ausdrücklich NICHT private Netzwerke, die zum Linkbuilding aufgebaut werden, wie hier beschrieben. Google sind solche verdeckten Werbemaßnahmen schon länger ein Dorn im Auge, daher auch die Ansage, dass derartige Links mit „no follow“ gekennzeichnet werden müssen, da sie eben in den Augen von Google Werbung darstellen. (Google Support)
Mehr Beiträge zum Thema Blogger Relations gibts im Netz, z.B.:
Wichtig für Unternehmen: Blogger Relation Kodex