Digitalisierung Schule Klassenzimmer

Digitalisierung der Schulen und Lehrmethoden – wird am veralteten Schulsystem scheitern

Jeden Morgen habe ich Mitleid mit meinen beiden 8jährigen Kindern, wenn sie ihren gut 10kg schweren Schulranzen auf die Schultern hieven. Dann noch Sporttasche und Schwimmtasche – sie sehen aus, als würden sie umziehen. Ich frage mich jedes Mal, warum die Kinder alles mitnehmen müssen? Gibt es keinen Platz in der Schule für die vielen Bücher und Hefte? Doch, den gibt es, unter der Schulbank. Nur haben sie dann eben genau dieses Buch und dieses Heft nicht zu Hause, wenn sie Hausaufgaben machen müssen, üben oder einfach nur fleißig sein wollen. Das kann ja auch nicht im Sinne des Lernens sein.

Ansprüche an die Schüler von heute – Technik von vorgestern

Schaut man in die Schulen, zeigt sich ein Bild wie vor 10 Jahren. Overhead-Projekte, ein in die Jahre gekommener PC mit Windows 7 oder sogar noch Windows XP, eine klassische Tafel. Manchmal gibt es schon interaktive Whiteboards, die aber kaum genutzt werden. Wie auch, wenn die Schulmaterialien alle analog in Zettelform da sind. Da braucht es keine Projektionsfläche an der Wand. Hier und da finden sich auch Beamer, die manchmal sogar funktionieren, wenn denn das richtige Kabel an der richtigen Stelle liegt. Aber wehe, man möchte mal aus dem Gewohnten ausbrechen, einen Laptop mitbringen oder ein iPad an den Beamer anschließen. VGA-Kabel und ein fest verbautes Netzwerkkabel ersticken diese Bemühungen oft im Keim. WLAN ist wegen Datensicherheit gesperrt und HDMI Kabel gibt’s nur bei MediaMarkt.

So sieht der Alltag in den Schulen derzeit wohl an vielen Stellen aus. Ich sehe es tagtäglich in den Unterrichtsräumen meiner Kinder.

Doch es ist nicht so, dass die Lehrer sich damit zufriedengeben würden. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass sich besonders viele gegen den Fortschritt sperren. Ich habe vielmehr das durchaus begründete Gefühl, dass sie sich allein gelassen fühlen und mit ihren Aufgaben sowieso schon heillos überfordert sind. Insbesondere die vielen Vertretungsstunden, die Lehrer in Ermangelung von genügend Personal leisten müssen. Das wiederum führt zu noch mehr krankheitsbedingten Ausfällen, oftmals auch hervorgerufen durch Überanstrengung der Stimme. Das habe ich schon oft in der Bekanntschaft und auch Familie erlebt.

Digital ist, wenn man trotzdem Kreide holt

Die digitale Welt wäre so wichtig in den Schulen, um die Kleinsten gleich von Beginn an auf ihr Leben vorzubereiten. Der Umgang mit Smartphone und Tablet wird so nicht ordentlich erlernt, sondern den bringen sich die Kids meist selbst bei – mit all den fatalen Folgen, die daraus entstehen können:

  • Cyber-Mobbing
  • Identitätsdiebstahl
  • Cyber-Grooming

Dabei wäre die Schule genau der Ort, der den sensiblen Umgang mit digitalen Medien, Social Media und dem Web lehren könnte und sollte.

Auch der Aufwand für aktuelle Bücher und Hefte wäre um ein Vielfaches kleiner. Stelle man sich eine kollaborative Plattform oder Community vor, in der es geschützte Bereiche für Schüler, Klassen oder Lehrer gibt, in denen man sich austauschen, gemeinsam an Projekt arbeiten, Hausaufgaben oder Fleißaufgaben machen kann. Apps, die das Rechnen und Lesen fördern, das Gehirn trainieren, das lernen lehren.

Ach Moment – die gibt es ja. Scoolio zum Beispiel, eine App für Schüler zum organisieren des Schulalltages, zum Austauschen und Planen. Darüber hinaus unzählige Apps zum Gehirnjogging, die schon für die Kleinsten geeignet sind.

Nur leider existiert diese digitale Welt bislang weit außerhalb der Schulwelt, wie wir sie heute kennen.

Der Fisch stinkt immer vom Kopf

Es ist die Aufgabe der Politik, für die nötigen personellen und finanziellen Rahmenbedingungen zu sorgen. 5 Mrd. für die Digitalisierung der Schulen will der Digitalpakt bereitstellen. Ja schön, nur was ist mit dem Personal und dem Aufbau der Kompetenzen in den Schulen, damit die Tablets und Notebooks auch zum Einsatz kommen können?

Die Rahmenbedingungen dafür sind aus meiner Sicht noch lange nicht geschaffen. Geld allein behebt dieses Problem niemals. Hier braucht es Anreize für die Lehrer, sich damit zu beschäftigen, Personal zu Unterstützung, Fachkräfte für Wartung und Pflege und schlussendlich natürlich auch adäquate Dienste und Angebote seitens der Verlage. Erste zarte Versuche gibt es bereits, wie die Klett Lernen App, aber flächendeckend und umfassend sieht anders aus.

Digitalisierung ist nach meinem Verständnis nicht nur das Bereitstellen von eingescannten Kopiervorlagen, sondern ein völliger kultureller Wandel in der Schulbildung. Und davon sind wir leider nur Lichtjahre entfernt!!

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Ein Kommentar

  1. Wahre Worte gelassen ausgesprochen. Ich finde das schöne Geld ebenso in den Wind geschossen, wenn sich vorher nicht ausreichend um Konzepte und Strategien gekümmert wird. Es sollte ein gesamtgesellschaftlicher Diskurs mit allen, die etwas zum Thema beizutragen haben, stattfinden. Auch solche Themen: Wie viel Digitalisierung brauchen wir, an welchen Stellen sollte sie zum Tragen kommen, ab welchem Alter in welchem Maße? Ich bin kein Fan, aber ich finde die Warnungen von Herrn Spitzer absolut nicht unbegründet.) Zum Wohl unserer Kinder sollte kein einander auf den Kopf hauen stattfinden, sondern eine sachliche, dem Ziel untergeordnete Diskussion. Lieber Gruß

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