Das war jedenfalls meim erster Gedanke, als ich die Überschrift der FAZ gelesen habe: „Facebook will das Büro erobern“. Das Netzwerk, was sich nicht unbedingt einen „vertrauenserdrückenden“ Namen mit Datenschutz und Privatsphäre gemacht hat, will nun Kommunikations- und Kollaborationsplattform für Mitarbeiter werden? Absurd! Aber …
…bei näherer Betrachtung ist die Idee gar nicht so dumm. In dem Bericht in der FAZ heißt es, Facebook arbeite an einer neuen Website „Facebook at Work“ und dass sich dort Mitarbeiter in Chats austauschen, Kontakte zu Kollegen knüpfen und gemeinsam an Dokumenten arbeiten. Also quasi ein Konglomerat aus dem Facebook Messenger, LinkedIn und Google Docs.
Facebook hat einen jahrelangen Erfahrungsvorsprung
Tatsächlich hat Facebook jahrelange Erfahrung im Vernetzen von Menschen und im Analysieren und Aufbereiten von Daten. Auch die Funktionen für eine Verbreitung von Wissen durch einfachste Mechaniken und Anreize stecken bei Facebook in den Genen und müssen nicht erst, wie bei vielen anderen Enterprise Social Networks (ESN), mühsam erlernt werden. Mal davon abgesehen, dass manche das Rad gern neu erfinden wollen und damit auch mal das Ziel verfehlen.
Zudem ist der – von mir nicht gerade geliebte – Edge Rank Algorithmus hervorragend dafür geeignet, Informationen bedarfsgerecht dem Nutzer zur Verfügung zu stellen. Bislang bauen sich die Mitarbeiter in der Regel ihren Nachrichtenstrom über das Abonnement von Themen oder Seiten, dem Folgen von Personen oder der Zugehörigkeit in Projektbereichen selber zusammen. Die Präsentation von relevanten Informationen allein auf Basis der Einstellungen im Profil und den eigenen Aktivitäten im Intranet ist dann schon weitaus fortschrittlicher.
Netzwerk-Potential vs. Datenschutz und Datensicherheit
Aber das Vernetzen von Menschen und das Ziel einer möglichst umfassenden Lebenschronik eines jeden Erdenbürgers passen nicht zwingend auf die Bedürfnisse von Unternehmen an die interne Kommunikation, die Zusammenarbeit in Teams und das Wissensmanagement. In den Unternehmen werden Lösungen gebraucht, um Dokumente gemeinsam zu bearbeiten oder umfassende Wissensdatenbanken zu erstellen.
Außerdem, und das halte ich für den entscheidenden Punkt, spielt der Datenschutz und die Datensicherheit eine enorme Rolle, vor allem bei deutschen Unternehmen. Viele dürfen Cloud-Services schlichtweg nicht nutzen, weil personenbezogene Daten nicht ohne Zustimmung des Betroffenen auf Servern außerhalb der deutschen Landesgrenze gespeichert werden dürfen. Zudem werden seitens des Gesetzgebers hohe Anforderungen an die Datensicherheit gestellt. Ich empfehle hier zum schnellen Einlesen das eBook Cloud Computing.
Ich könnte mir außerdem gut vorstellen, dass es Unternehmen schwer fällt, Facebook ein Vertrauen in die strikte Trennung von privaten und dienstlichen Informationen entgegenzubringen. Denn niemand von den Entscheidern will Cat Content in einem ESN sehen oder dass die Mitarbeiter ihre Zeit mit irgendwelchen Sinnlosigkeiten verschwenden.
Fazit
Noch hat sich Mark Zuckerberg zu den Gerüchten wohl nicht geäußert. Aber wenn es zu „Facebook at work“ kommen sollte und Facebook seine Hausaufgaben macht, dann könnte das ein ernst zunehmender Wettbewerber für die etablierten Platzhirsche der Social Business Branche werden. Denn in einem Punkt ist Facebook unschlagbar: egal ob man Facebook liebt oder hasst, das liken, teilen und kommentieren ist 1,3 Mrd. Menschen schon in Fleisch und Blut übergegangen und muss nicht neu gelernt werden. Und damit ist eine der wichtigsten Einstiegshürden für den produktiven Gebrauch einer solchen internen Plattform schon einmal beseitigt. Der Mensch ist eben doch ein Gewohnheitstier.