2019 ist ein Jahr mit vielen richtungsweisenden Entscheidungen. Europawahl, Landtagswahl und auch Stadtratswahlen stehen an. Letzere schon Ende Mai. Während sich die politischen Gegner in Berlin, München oder Dresden im gegenseitig „auf die Fresse hauen“ förmlich überbieten, gibt es in den Städten und Gemeinden aber auch schönes zu berichten. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis gibt es zwei Kandidaten, die sich in ihren Wahlkreisen und für ihre Wähler wohltuend sympathisch, unaufgeregt, aber nachdrücklich engagieren. Und sie nutzen dafür selbstverständlich auch die sozialen Medien, ohne Shirtstorm, Fake News und Herumtrollen.
Benjamin Brunner, FDP
Stadtrat Kamenz
Alexander Hesse, parteilos
Stadtrat Heidenau
Beide sind schon länger in der Politik unterwegs, Benjamin als ehemaliger stellvertretender Bürgermeister von Geyer im Erzgebirge. Alexander als Stadtratsmitglied seit 5 Jahren im Stadtrat von Heidenau.
Beide nutzen die sozialen Medien, allen voran Facebook und Instagram, um ihre Wähler zu mobilisieren, von ihren Aktivitäten zu berichten und ihr Programm vorzustellen. Da beides erfahrene Social Media Profis sind, tun sie das auch mit einer sehr natürlichen, aber spürbaren Professionalität. Einer Professionalität, die manch gestandenem Berufspolitiker leider vollkommen fremd ist.
Mich treiben in dem Kontext ein paar Fragen um, die ich beiden mal gestellt habe.
Benjamin
Du setzt Facebook als mediales Instrument noch etwas verhalten ein. Warum bislang nur via Text und Foto? Wird es auch mal einen Livestream geben? Und kommt da noch mehr?
Verhalten tatsächlich noch, da es für mich immer noch zur Aufwärmphase gehört, eben ein Grundrauschen. Mit der „heißen Phase“ für mich persönliche starte ich in der letzten April-Woche. Die Entscheidungsfindung der Wähler bei persönlichen Wahlen, und das sind Stadtratswahlen, erfolgt rein inhaltsbezogen (welche Themenschwerpunkte setzt der Kandidat? Wie ist seine Vision der Stadt? etc.) recht spät.
Warum? In der Kommunalpolitik gibt es verschiedene Parteien oder Wählervereinigung, die in vielen Dingen übereinstimmen (sehen die gleichen Probleme im Ort, die es zu lösen gilt… stehen vor den gleichen Herausforderungen in Zukunft…), oft unterscheidet sich nur der Lösungsansatz.
Im Mai werden diverse Veranstaltungen auf meinem Hof, unter anderem Konzerte, Grillabend unter dem Motto „Grill den Brunner“, stattfinden. Diese werden durchaus per Video bzw. Livestream festgehalten. Immer in Verbindung mit etwas Persönlichem von mir und natürlich auch meinen kommunalpolitischen Anliegen.
In den letzten Wochen hatte ich zwei Fotoshootings, bei denen auch Videos entstanden sind. Diese werden ab Ende April sowohl organisch als auch mit Hilfe von Werbeanzeigen auf den Plattformen Facebook und Instagram ausgespielt. Ebenso werden diese Inhalte auch auf meiner Website www.kamenzkannmehr.de zu finden sein.
Wie sind die Reaktionen Deiner Freunde und vor allem auch derjenigen, die Du mit Deinem Programm erreichen willst?
Durchweg positiv. Ich möchte vor allem die jüngere Zielgruppe ansprechen. Sie finden es gut, dass auch an sie gedacht wird und ihnen zugehört wird um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Ich frage nach, um die Bedürfnisse zu erfahren und weiß ganz genau, dass dies in den nächsten Jahren nur mit ihnen gemeinsam und mit einer Mehrheit im Stadtrat zustande kommen kann. Daher setze ich viel im demokratischen Austausch, wenn ich gewählt werden sollte, auf Zusammenarbeit über alle Fraktionen hinweg.
Erst gestern habe ich eine Nachricht bekommen von einer jungen Frau Anfang 20 über Facebook mit folgendem Inhalt: „Man freut sich doch, wenn sich mal jemand für die jungen Kamenzer einsetzen will.“ So etwas gibt Kraft für den weiteren Weg auch über den 26. Mai hinaus.
Du bist noch relativ neu in Kamenz. Wie willst Du die Bürger erreichen und glaubst Du, dass Dein Netzwerk auf Facebook schon stark genug für einen medialen Effekt ist?
Ich will sie vor allem im persönlichen Austausch erreichen. Nichts geht über ein analoges Hände-Schütteln, ein freundliches Lächeln und das Zuhören im direkten Austausch. Aus diesem Grund habe ich meinen Hof geöffnet, damit ich mit den Leuten ins Gespräch kommen kann. Ebenso wird es eine Art Stammtisch-Runde in diversen Gaststätten im Mai geben unter dem Motto „Auf ein Bier mit Benjamin“. Ich will mich vorstellen, ich will zuhören und meine Ziele und Ideen an die Kamenzerinnen und Kamenzer bringen.
Mein Netzwerk auf Facebook an sich ist noch nicht stark genug alleine. Ich sehe den Kanal eher als Instrument und setze, wie schon geschrieben, auf den direkten Austausch.
Wann wird Deine Website online gehen und welche kommunikativen Schachzüge hast Du noch in petto? Schließlich willst Du ja die Jugend erreichen und die sind erwiesenermaßen zunehmend seltener auf Facebook unterwegs.
Die Seite geht in der letzten April-Woche online. Meine weiteren Schachzüge werden vor allem die Darstellung ganz persönliche Eindrücke über Instagram und Instagram Stories werden. Natürlich gepaart mit den inhaltlichen Zielen. Weiterhin werden Videoclips mit direkter Ansprache der einzelnen Kamenzer in allen Ortsteilen (wie Jesau, Lückersdorf, Thonberg, Biehla und all die anderen) mit Hilfe von Werbeanzeigen und einem definierten Interessenstargeting hyperlokal auf Facebook und Instagram ausgespielt.
Multiplikatoren, eben jüngere Kamenzerinnen und Kamenzer, unterstützen mich ebenso mit ihren digitalen und analogen Netzwerken, sei es bei Parties im „Herbert“ oder per Snapchat und deren Instagram-Profilen. Dafür habe ich Material in Form von Bildern und Videos für sie aufbereitet.
Als alter Social Media Hase – welche Bedeutung misst Du Facebook beim politischen Wahlkampf bei? Macht das Netzwerk für das Thema überhaupt Sinn?
Das Netzwerk macht für mich Sinn sich und seine Botschaften, Ideen, Ziele und Visionen vorzustellen und an die geeigneten Leuten zu bringen. Vorausgesetzt man weiß, wie man mit Hilfe des Instruments „Facebook“ an die eigene Wählerschaft, vor allem außerhalb seiner eigenen bestehenden Freundesliste, kommt.
Ich messe Facebook keine übergeordnete Rolle im Wahlkampf-Instrumente-Mix bei. Es ist vielmehr einfach nur ein Teil, wie auch Flyer, Website, das persönliche Gespräch, Pressearbeit, Multiplikatoren oder anderes. Dennoch: dem höchsten Stellenwerte messe ich dem persönlichen Gespräch vor Ort bei. Klar: Ich würde auch keinem Vertrauen und meine drei Stimmen zur Stadtratswahl am 26. Mai geben, den ich bisher ausschließlich digital „kennengelernt“ habe.
Alexander
Nach 5 Jahren im Stadtrat in Heidenau – wo soll es noch hingehen? Wie sind die Ambitionen auf das Bürgermeisteramt?
Wie es im Sport immer sehr passend heißt: nach dem Spiel ist vor dem Spiel, so gilt das auch für mich im Heidenauer Stadtrat. In den letzten 5 Jahren hat sich in unserer Stadt viel entwickelt und so soll es auch immer weiter voran gehen. So banal das klingt, umso wichtiger ist es, dass die Arbeit im Stadtrat auch immer eine positive Kontinuität mit sich bringt, die sich mit kreativen und neuen Ansätzen für die Stadt ergänzt. Was das Bürgermeisteramt angeht, da ist noch Zeit :-)
Du hast vergangene Woche das erste Video veröffentlicht. Wie waren die Reaktionen Deiner Freude und Follower darauf? Und wird es weitere Videos und sogar Livestreams geben?
Allesamt positiv, was mich sehr gefreut hat. Man überlegt ja im Vorfeld schon, wie gehst du das Thema Bewegtbild im Wahlkampf an, was willst du damit rüberbringen und wie nehmen es die Leute auf, aber mit insgesamt knapp 400 Views über alle Medienkanäle hinweg, ist das ein guter Start. Mein Wunsch mit dem Auftaktvideo Fragen und Anregungen zu erhalten, hat sich so auch erfüllt und deshalb wird es auf jeden Fall weitere Videos und einen Livestream geben. Dabei möchte ich Orte in unserer Stadt mit den Themen verbinden, die ich im Stadtrat vertrete und für die ich mich besonders einsetze. So wird das Gesamtbild für meine Kandidatur am Ende noch greifbarer.
Du teilst in den sozialen Medien recht viel auch aus Deinem privaten Alltag. Wo ist für Dich eine Grenze an Öffentlichkeit erreicht, die Du aus Eigeninteresse nie überschreiten würdest?
An dieser Stelle muss man glaube ich ein wenig differenzieren. In sozialen Netzwerken bin ich immer noch als Privatperson unterwegs und nicht als ein Politikerprofil – also wie es viele Landtags- oder Bundesabgeordnete tun. Was die Grenzen dabei angeht, so sind die, egal ob aus politischer oder privater Sicht, bei mir sehr klar gesetzt. Zum Beispiel mit welchen Freunden ich Alltagsmomente teile und mit welchen Kontakten auch nicht. Grundsätzlich gibt es bei mir z. B. auch die Regel dass nie Fotos von den Gesichtern meiner Kinder und deren Namen in sozialen Medien auftauchen werden, auch nicht zu Wahlzwecken.
Ist die Nähe zu den Wählern, das intensive Auseinandersetzen mit den Problemen und Erwartungen vor Ort aus Deiner Sicht der Schlüssel zum Erfolg? Und wenn ja, warum praktizieren das gefühlt nur sehr weniger Politiker heutzutage noch?
Die Transparenz von Politik gegenüber den Bürgern und der intensive Umgang mit deren Problemen, aber auch mit deren Ideen und Meinungen, sind in meinen Augen essentiell. Ich denke nur so kann Politik sich den Stellenwert und die Akzeptanz „zurückerobern“, die sie in der Gesellschaft braucht. Vor allem „an der Basis“, also auf kommunaler Ebene ist das sehr sehr wichtig. Alle großen Themen von Wirtschaft und Jobs bis hin zu Kinderbetreuung und Umweltschutz, lassen sich auf kommunale Ebene und auf das Gespräch am Gartenzaun mit dem Nachbarn herunterbrechen. Dass dabei viele Entscheidungen die die Bürger und Einwohner einer Stadt wirklich unmittelbar betreffen in Stadt- und Gemeinderäten getroffen werden, dass muss den Bürgern wieder verständlich gemacht werden. Genau dafür stehe ich ein, indem ich zuhöre und auf einen aktiven Dialog auch über den Wahlkampf hinaus setze. Der Schlüssel zum Erfolg ist am Ende Vertrauen. Das Vertrauen der Bürger darin, dass es der Herr Hesse ernst nimmt, was ich ihm mit auf dem Weg gebe und das er sich dafür dann auch einsetzt.
Als alter Social Media Hase – welche Bedeutung misst Du Facebook beim politischen Wahlkampf bei? Macht das Netzwerk für das Thema überhaupt Sinn?
Ich messe dem Thema einen sehr hohen Stellenwert bei, sage aber auch, dass es nur ein Bestandteil des Gesamtpaketes sein kann und darf. Bei Stadtratswahlen wählt man immer auch eine Person. Und genau an der Stelle machen soziale Netzwerke Sinn, denn es geht um Vernetzung und den sozialen Austausch mit den Wählern. Ich nutze z. B. Facebook (ohne eine extra Wahlseite), Instagram und den WhatsApp Status für den Wahlkampf. Damit erreiche ich nicht nur meine Freunde, Bekannte und Kontakte in Heidenau, sondern setze auch viel darauf, dass diese als Multiplikator fungieren. Mit dem ersten Video hat das mit dem Weiterempfehlen auf jeden Fall schon einmal funktioniert, wie mir letztens erzählt wurde. Genauso wichtig ist es solche Plattformen dauerhaft auch für die politische Kommunikation auf Stadt-, Kreis- und Landesebene zu nutzen. Soziale Netzwerke sind in dem Falle leicht erreichbare und leicht konsumierbare (im Sinne des gewohnten Nutzungsverhaltens) Medien, die Politik und Bürger wieder näher zusammenbringen, wenn es richtig gemacht wird. Dass man da auch andere Themen wie Fakenews und Kommentartrolle kennt, ist nicht zu vernachlässigen, aber ich gehe da immer positiv an die Sache heran. Mit meinem Beitrag über soziale Netzwerke möchte ich, die vorhin schon von mir gewünschte Transparenz schaffen und eine Brücke zwischen den Menschen und politischen Themen schlagen, die sich viele wünschen, aber von vielen alteingesessenen Politikern noch nicht verstanden wird.
Auch wenn ich in keinem der beiden Orte stimmberechtigt bin, meine Stimme hättet ihr. Ich finde es vorbildlich und nachahmenswert, wie ihr an das Thema Wahl und Politik herangeht. Diese Nähe ist vielen Berufspolitikern irgendwie verloren gegangen. Ich wünsche euch bei den Wahlen alles Gute und drücke euch die Daumen für den Einzug in den Stadtrat bzw. für die Wiederwahl!
Nachtrag: Natürlich gibt es noch eine Menge mehr an spannenden politischen Initiativen und Engagements. So zum Beispiel Mike Altmann aus Görlitz. Er kandidiert für den Stadtrat für die Freie Liste Motor Görlitz. Er verzichtet komplett auf Print-Plakate und spendet das Geld lieber dem Alkanti-Magazin e.V., einem Verein, der sich um suchtkranke Menschen kümmert. Wer ihn unterstützen möchte, der besucht am besten mal seine Facebook-Page: Mike Altmann