Twitter schreibt das Märchen irgendwie anders herum, denn leider hat sich Twitter verändert, bzw, beginnt sich zu verändern und das nicht zu seinem Vorteil. Aus dem unbeschwerten, offenen und lockeren Dienst wird ein Kommerzmonster, dass sich mehr und mehr die unsympathischen Eigenschaften von Facebook zu eigen macht. Genau diese Eigenschaften von Facebook wie das Anzeigen von Werbung und Sponsored Posts, die Bevormundung via Edge Rank Algorithmus, das Sammeln und Vermarkten von Nutzerdaten oder auch das Anlegen von Bewegungsprofilen lassen mich meine Aktivitäten auf Facebook immer mehr herunterfahren.
In meiner „Liebeserklärung an Twitter“ am 13. September 2013 habe ich davon geschrieben, dass ich in Twitter genau diese Social Network gefunden habe, was mich nicht beschränkt, sondern wo ich mich gut aufgehoben fühle.
Am 07. November 2013 ist Twitter dann unter Getöse an die Börse. Schon damals habe ich geschrieben und gehofft, „dass sich an der Leichtigkeit und der Coolness von Twitter auch nach dem Börsengang nichts ändern. Ich hoffe es auch weiterhin, nur glauben kann ich daran immer weniger. Ich habe vielmehr den Eindruck, dass Börsengänge den Charme eines Unternehmens vergiften. Sie bringen zwar neues Geld, aber auch neue Verpflichtungen und jede Menge Ansprüche dividendenhungriger Investoren. Das tut einer Marke nicht immer gut, vor allem, wenn sie in einem so sensiblen Umfeld wie dem Social Web agiert. „
Dann kam der August 2014 und mit ihm der erste (?) große Fehlgriff von Twitter und der Anfang vom Ende (?!). Zuerst der obskurse Fav-/ReTweet-Test, der so ziemlich in die Hose ging. Dann ging die Meldung herum, dass Twitter nun auch Tweets von fremden Accounts in der eigenen Timeline anzeigen will, um, wie es bei Twitter heißt, interessante Inhalte von Personen zu sehen, denn man noch nicht folgt, denen man aber folgen sollte und um meine „Startseite noch bedeutungsvoller und interessant zu gestalten“. Im September ging es dann weiter. Twitter kickt Drittanbieter wie Twitpic aus der Bahn und sperrt die API zusehends. Das Ökosystem, was 2009 noch wunderbar vielseitig war, wird zusehends kleiner, um sich vielleicht in absehbarer Zeit komplett ins Nirvana zu verabschieden.
Zusätzlich bastelt Twitter weiter am Algorithmus für die Timeline und verabschiedet sich damit mehr und mehr von der ursprünglichen Chronologie der angezeigten Beiträge.
Während ich früher nur Tweets von meinen Followern gesehen habe und zwar genau dann, wenn diese sie gepostet haben, werde ich zukünftig nur noch das sehen, wovon Twitter ausgeht, dass es mich interessiert. Die wenigen Sponsored Tweets stören mich dabei weniger, solange die Frequenz so niedrig bleibt wie jetzt. Allerdings sollen ja zukünftig auch Werbefilmchen ihren Weg in meine Timeline finden dürfen. Daher wird das wohl auch nur ein Wunschtraum bleiben mit den sporadischen Werbeanzeigen.
Ich sags ja immer wieder: Geld verdirbt den Charakter und ein Börsengang ist der Tod für jedes „Social“ vor dem „Network“.
Ein schwieriges Thema, denn auch wenn ein Unternehmen so viele Nutzer wie Twitter hat, muss es langfristig ja Geld verdienen, sonst ist es ein gemeinnütziger Verein. Bezahlen für die Nutzung will sicher auch niemand und neue Alternativen zu nerviger Werbung müssen offensichtlich auch erst noch gefunden werden. Vermutlich springen bald neue, noch nicht kommerzielle Netzwerke in die entstehende Lücke, die dann aber irgendwann vor ähnlichen Problemen stehen.
ja in der Tat ein schwieriges Thema und das Argument mit dem Geld verdienen hört man öfter. Ich bin mir da gar nicht so sicher, ob nicht doch der Nutzer von heute bereit ist, für eine entsprechende Gegenleistung bzw. eine Mehrleistung ggü. jetzt Geld zu bezahlen.
Bei Threema haben bereits über 1 Mio Nutzer 1,66€ für die Installation der App bezahlt. Gegenleistung: Sicherheit und Datenschutz
Bei WhatsApp scheint es über 600 Mio Leuten nichts auszumachen, 89ct pro Jahr nach dem ersten Jahr zu bezahlen.
XING hat über 800.000 zahlende Premium-Kunden, die über 50€ im Jahr für ihren Premium-Account investieren.
Ich glaube schon, dass es möglich ist, über alternative Bezahlmodelle Geld zu verdienen. Aber der Nutzer muss die Gewissheit haben, dass er für das Geld auch etwas mehr als jetzt bekommt:
– weitestgehende Werbefreiheit
– Datenschutz und Datensicherheit
– besseren Service und Support
– Mitspracherecht bei neuen Features und Funktionen (Open Innovation)
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