Wirkung von Social Bots in den Social Media

Bots und Fake News im Wahlkampf – wie lassen sich Menschen beeinflussen?

In den Medien wird das Thema der Social Bots, die Menschen in ihrer Meinungsbildung manipulieren, aktuell sehr heiß gekocht. Aber wird es wirklich auch so heiß gegessen? Ich will versuchen, dem mal nachzugehen.

Lasst uns zuerst einmal theoretisch an das Thema herangehen.

Was sind eigentlich Bots und was grenzt sie von anderen Internetphänomenen ab?

Bots sind von Menschen implementierter Algorithmen, die versuchen, die menschliche Natur im Hinblick auf das Verfassen von Kommunikation so gut wie möglich nachzuahmen. Bots sind nicht intelligent, aber durchaus interaktiv und können nur das, was ihnen der Mensch über die Programmierung mit auf den Weg gibt.

Grundlegend kann man folgende Abgrenzung zwischen Bots und anderen Internetphänomenen treffen:

Bots und Abgrenzung zu Trollen Spam und Cyber-Attacken

Bots und Abgrenzung zu Trollen Spam und Cyber-Attacken
newmediapassion.com CC-BY-2.0

Bots im Alltag der Geschichte

Wer nun glaubt, dass Social Bots ein neues Phänomen sind, der irrt gewaltig. Schon 2003 wurden bei Airlines und Mobilfunkbetreibern Sprachdialogsysteme eingeführt, die den Nutzer am Telefon durch die automatisierten Buchungsprogramme hindurch geführt haben. 1976 gab es nach meinen Recherchen das erste Computerspiel, bei dem man gegen Computergegner antreten konnte. Es hieß „Colossal Cave Adventure“ und war quasi der Vorreiter, oder besser Pionier, der modernen Single-Player-Games. Auch Chatbots gibt es schon seit den 70er Jahren. Wer sich dafür interessiert, dem empfehle ich die wunderbar zusammengestellte Grafik „The History of Chatbots“, zu finden bei Björn Tantau.

Social Bots oder auch der Wahlkampf der Algorithmen

Nicht erst seit dem US-Wahlkampf, indem bekanntermaßen Donald Trump als Sieger hervorging, weiß man, wie wertvoll für die Politik die sozialen Medien sind. Sei es, um viele Insights über den einzelnen Menschen zu erfahren und so den Wahlkampf auf einzelne Stadtteile, ja sogar einzelne Straßenzüge bis hin zu einzelnen Familien abzustimmen. Auch die Gier der Menschen nach Aufmerksamkeit, deren Mitteilungsbedürfnis und auch neren Naivität werden von den Parteien gnadenlos ausgenutzt. Ein wunderbarer Nährboden für Social Bots.

Wenn man den Medien glauben schenken mag, dann sind Social Bots die Büchse der Pandora, die geöffnete Bundeslade und die Reinkarnation des Bösen in einem.

„Invasion der Meinungs-Roboter“ bedroht die Demokratie (welt.de)

Furcht vor den neuen Wahlkampfmaschinen (zeit.de)

Roboter gefährden unsere Demokratie. So sollten wir uns wehren (bento.de)

Manipulation durch Social Bots – Kampf den Meinungsmaschinen (tagesschau.de)

Das sind nur einige der Schlagzeilen, die man im Netz zu Hauf um die Ohren gepfeffert bekommt. Aber wie schlimm ist es denn nun wirklich? Darüber streiten sich die Experten und bislang hat noch keiner den Beweis erbracht, wie stark oder gering die Auswirkungen tatsächlich sind. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages hat es auf den Punkt gebracht.

Wirkung von „Social Bots“ ist unter Sach­verständigen strittig (bundestag.de)

Festzuhalten ist

  • dass Bots existieren
  • Bots versuchen zu beeinflussen und zu manipulieren
  • Bots sind für den Normalnutzer schwer zu identifizieren
  • Bots sind von Menschen entwickelte Algorithmen und keine künstliche Intelligenz

Die Wirkung von Bots in den sozialen Medien kann daher auch stark differieren

Wirkung von Social Bots in den Social Media

Wirkung von Social Bots in den Social Media
newmediapassion.com CC-BY-2.0

Vom einfachen Push der Fan- und Followerzahlen für einen Account, um dessen Wichtigkeit und Wirkung zu stärken, bis hin zu komplexen Aktionen und Reaktionen inkl. Vernetzung ist alles drin. Je nachdem, wie viel Zeit der Entwickler auf die Programmierung des Bots verwendet hat. Sie reagieren auf Schlagworte und Hashtags, sie suchen nach Accounts mit bestimmten Profilmustern, um sich mit ihnen zu vernetzen, sie klinken sich in Diskussionen ein, um sie zu torpedieren oder in eine bestimmte Richtung zu lenken.

Das Auffälligste an Botaktivitäten ist, dass sie deutlich mehr Buzz produzieren als „normale“ Nutzer. Sie kennen keinen Schlaf und keine Pausen, sie agieren nach festen Schemata und Mustern.

Hier gut zu sehen bei einer Analyse von botswatch.de zu den Bot-Aktivitäten nach der Rede von Angela Merkel bei CDU Parteitag 2016.

Bot Aktivitäten nach Rede von Angela Merkel

Ihr Sprachmuster und Aktionsradius ist natürlich niemals so breit gefächert wie der eines Menschen. Sie sind meist auf ein klares Kommunikatives Ziel ausgerichtet und agieren oft auch sehr aggressiv und bedrohlich.

Warum funktionieren Bot Aktivitäten so besonders gut? Dazu 5 Thesen:

  1. Der Mensch wird fauler und läuft nur noch der Herde hinterher
  2. Der Mensch agiert zunehmend in seinem eigenen Dunstkreis und bildet sich seine Welt, wie sie ihm gefällt (Filterblase)
  3. Hate Speech zerstört die Diskussionskultur und schreckt normale Nutzer zunehmend ab
  4. Die wenigsten machen sich die Mühe, Informationen mal zu hinterfragen und zu verifizieren
  5. Die Macher hinter den Bots sind cleverer als die Menschen, denen sie im Netz begegnen

Kurz gesagt, halte ich Social Bots tatsächlich für eine bestimmte Kategorie von Nutzern für brandgefährlich, vor allem auch in Verbindung mit Fake News und Hetze. Denn viele Nutzer folgen einfach nur der Herde, verbreiten Meldungen, die zu ihrem eigenen Meinungsbild passen, ungefiltert und ungeprüft und sind schlichtweg viel einfacher zu manipulieren als andere. Da ich hier weder Politik und Meinungsforschung betreiben will, erspare ich mir eine genauere Zielgruppenbeschreibung, aber ich denke, jeder weiß, wen ich meine.

Social Bots, Fake News und Dark Ads

Als ob das alles noch nicht genug wäre, kommen nun auch noch Dark Ads und Shadow Postings dazu. Dank ausgeklügelter Zielgruppenselektierung bei Facebook Ads und Twitter Ads lassen sich Anzeigen mit fein abgestimmten Botschaften jeweils immer einer sehr spitzen Zielgruppe zuweisen. Damit können sich Aussagen inhaltlich deutlich widersprechen, je nachdem, wer sie zu sehen bekommt. Aufgrund der völligen Intransparenz dieser Art des Wahlkampfes (Im Gegensatz zu TV- Radio- und Plakatwerbung) kann eine Partei also ganz geschickt mit den Vorbehalten, Ressentiments und Meinungsbildern von Zielgruppen spielen und so auch Aussagen treffen, die im Nachhinein niemand mehr nachverfolgen kann. Möglich wird dies durch die Analyse der Profil-Accounts, z.b. auf Facebook und Twitter nach Vorlieben, gefolgten Accounts, Freudeskreis, Postings und soziodemografischen Daten des Profilinhabers. Da kann es schon mal passieren, dass ich plötzlich auch Wahlwerbung von rechtsradikalen Parteien sehe, nur weil ich mir auf Facebook mal deren Account angeschaut habe.

Einzige Möglichkeit, um hier ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen, ist das Veröffentlichen von solchen Politik-Ads, bspw. auf Twitter unter dem Hashtag #PolitikAds.

PolitikAds auf Twitter

PolitikAds auf Twitter
newmediapassion.com CC-BY-2.0

Wie kann die Politik auf Social Bots und Fake News reagieren?

Die Antwort auf diese Frage beschäftigt sicherlich alle Wahlkampfstrategen und das nicht erst seit gestern. Ich bin der Meinung, dass hier deutlich mehr ernst gemeinste Diskussionsangebote im Netz bereitgestellt werden müssten, denn die Menschen sind alles andere als dumm oder diskussionsfaul. Nur wollen sie ernst genommen und gehört werden. Es müssen authentische Formate gewählt werden, um zu zeigen, dass eben nicht alles manipuliert und gelogen ist. Und man muss den Trollen und Hatern konsequent den Kampf ansagen, damit die wirklich interessierten Menschen auch gehört werden können und nicht verschreckt werden.

Best Practice Cases:

 

Und zum Schluss meine dringende Aufforderung: GEHT WÄHLEN!!

Veröffentlicht in new Media, Social Media und verschlagwortet mit , , , , , , , .

Ein Kommentar

  1. Pingback: 3 Lesehinweise: Über Social-Bots im Wahlkampf

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert