Abmahnung Abmahnhaie auf Tour

Achtung Abmahnung – das Geschäft mit den Creative Commons Lizenzen

Da referiert man seit Jahren über Social Media, Bloggen und SEO sowie den rechtskonformen Einsatz von Bildmaterial aus dem Netz in den eigenen Inhalten. Da achtet man darauf, nur freigegebenes Material, z.B. via Creative Commons Lizenz oder Social Media Lizenz, zu nutzen und dann kommt einer jener Tage, die man nicht so schnell vergisst. Du machst den Briefkasten auf und entdeckst ein dickes A4 Kuvert mit dem Briefkopf eines Rechtsanwaltes aus Kiel. Das ist meine Geschichte mit dem Abmahnwahnsinn.

Als ich den Brief in den Händen hielt, fing mein Kopf an zu rattern? Habe ich irgendwo einen Blitzer übersehen? Ist eine Rechnung offen geblieben? Habe ich jemandem etwas Böses getan? Da ich alle Fragen für mich verneinen konnte, dachte ich mir noch nichts Schlimmes dabei.

Aber die ersten Zeilen des Schreibens offenbarten schon recht schnell, womit ich es zu tun hatte: Verletzung des Urheberrechts durch unzureichende Kennzeichnung eines Bildes.

Ein Bild, eingebunden als Artikelbild in meinen Beitrag zur DSGVO. Ein Bild, heruntergeladen aus der CC-Bibliothek von Flickr. Ein Bild, ausgewiesen als CC BY-ND 2.0. In der Bildunterschrift habe ich sowohl die CC-Kennzeichnung vorgenommen als auch den Link zum Lizenzgeber, den Account von Dennis Skley angegeben und wähnte mich da auf sicherem und rechtskonformem Terrain. Doch weit gefehlt, denn ich habe das Kleingedruckte im Account des Herrn Skley nicht gelesen.


Creative Commons Lizenbedigungen zu CC BY-ND 2.0

Sie dürfen:

  • und zwar für beliebige Zwecke, sogar kommerziell.

Der Lizenzgeber kann diese Freiheiten nicht widerrufen solange Sie sich an die Lizenzbedingungen halten. (Quelle: Lizenzbedingungen CC-Lizenzen)


Unter folgenden Bedingungen:

  • Keine weiteren Einschränkungen — Sie dürfen keine zusätzlichen Klauseln oder technische Verfahren einsetzen, die anderen rechtlich irgendetwas untersagen, was die Lizenz erlaubt.

Soweit schon einmal vorweg: Genau diese Angaben habe ich wortwörtlich umgesetzt!

Nun aber der Haken – Zusatzbedingungen zu den CC-Lizenzbedingungen

Darüber hinaus hat jener „Fotograf“, ich nenne ihn mal Urheber, auf seinem Flickr-Account noch weitere Einschränkungen gemacht, die über die CC-Bedingungen hinausgehen.

Quelle: Info zum Flickr-Account von Dennis S.

Für viele meiner Bilder biete ich auch eine Creative Commons Lizenz an.

Bitte denken Sie an:

1. Urhebernennung

2. Nennung des Werktitels

3. Quellnennung / Link zur Bildseite

4. Lizenznennung / Link zur Lizenzurkunde

Und genau diese „Missachtung“ wurde mir zum Verhängnis. Und das dieser S. als Urheber beim Verein zum Schutz geistigen Eigentums (VSGE) registriert ist und die Kanzlei Schröder aus Kiel diesen Verein anwaltlich vertritt, das war mir bis dato nicht bewusst.

Urheberrechte und was ich davon halte

Zuerst einmal möchte ich eines klar und voranstellen:

  1. Jeder Fotograf verdient sowohl die persönliche als auch materielle Wertschätzung für die Werke, die er mit Fleiß, Zeit, Aufwand und Kosten produziert hat
  2. Ich bin absolut dafür, Urheberrechtsverstöße angemessen zu ahnden und den Schadenersatz auch denjenigen zukommen zu lassen, die den Schaden auch tatsächlich erhalten haben
  3. Ich habe nicht korrekt genug gearbeitet und bin somit auch für die Folgen verantwortlich
  4. In meinen Augen gibt ein Urheber sein Recht an einer kostenpflichtigen Verwertung seines Werkes ab, wenn er es bewusst über eine CC-Lizenzierung KOSTENFREI im Netz zur Verfügung stellt

Abmahnanwälte, Kanzlei Lutz Schröder und deren fragwürdige Praktiken

Als sich dann mein Puls nach dem Lesen des anwaltlichen Schreibens wieder etwas gelegt hat, ich die Höhe der Schadenersatzforderung einigermaßen verdaut hatte, habe ich begonnen, etwas zu recherchieren. Denn Regel Nummer 1 beim Zugang eines solchen Schreibens mit Zahlungsaufforderung und Abgabe einer Unterlassungserklärung.

Ruhe bewahren, Anwalt kontaktieren, nichts auf eigene Faust unternehmen, schon gar nicht gleich zahlen oder etwas unterschreiben!

Eine Online Recherche nach Kanzlei Schröder und Abmahnung erbrachte dann eine Vielzahl an Treffern von diversen Kanzleien.

Kanzlei Putte  |   RA Denise Himburg  |  RA Markus Kompa

Zudem hat sich netzpolitik.org schon einmal mit diesem Netzwerk aus Kanzlei und obskurem Verband VSGE befasst, was auch recht aufschlussreich ist.

Kurzum, in meinen Augen sind das Methoden, die einzig darauf ausgelegt sind, sich an ahnungslosen und vermeintlich wehrlosen Opfern zu bereichern. Ich bin schon lange im Netz unterwegs und bislang war flickr immer eine verlässliche Quelle von Bildmaterial und ich habe noch nie in einem Profil derartige Einschränkungen festgestellt.

Hier hat also jemand mit Erfolg einen Köder ausgelegt und wie die Spinne im Netz gewartet, bis sich jemand darin verfängt.

Wobei S. offenbar noch den geringsten finanziellen Anteil an diesem Spielchen hat, wenn man den Recherchen von netzpolitik.org glauben mag.

Offiziell können sich Fotografen auf bilderdiebstahl.de, der Seite des Verbandes, einen Account machen und ihre Bilder registrieren. Der Verband mahnt dann in allen uns bekannten Fällen mittels Lutz S. die Rechteverletzer ab. Für den Fotografen gibt es laut bilderdiebstahl.de pro abgemahnter Person 40 Euro für das erste Bild und 10 Euro für jedes weitere. Dies steht in einem krassen Missverhältnis zu den Kosten, die von den Abgemahnten gefordert werden. Denn eine Abmahnung für zwei Bilder kostet schnell mal 1600 Euro Schadenersatz plus 600 Euro Anwaltsgebühren, wie aus einer Abmahnung hervorgeht, die uns vorliegt. (Quelle: https://netzpolitik.org/2016/die-cider-connection-abmahnungen-gegen-nutzer-von-creative-commons-bildern/ Markus Reuter vom 23.06.2016)

Quelle: Autor: Markus Reuter, netzpolitik.org
https://netzpolitik.org/2016/die-cider-connection-abmahnungen-gegen-nutzer-von-creative-commons-bildern/
CC BY-SA-2.0

Nach der ersten Aufregung dann die Nächste – die Rechtschutzversicherung zahlt nicht

Der erste Anruf galt selbstverständlich meiner Rechtschutzversicherung, denn ich war bislang der Meinung, dass ich umfassend abgesichert wäre. Tja, weit gefehlt. Auch hier machte mir das Kleingedruckte wieder einen Strich durch die Rechnung. Die Versicherung haftet und zahlt nicht für Urheberrechtsverstöße. Und das scheint wohl bei einem Großteil der privaten Rechtschutzversicherungen so zu sein, wie mir ein Anwalt bestätigte.

Natürlich gibt es mittlerweile auch Versicherungen wie die Allianz oder die ARAG, die Urheberrechtsverstöße oder Streitfälle mit Bezug zu Online Handel oder auch forensische Maßnahmen bei der Löschung oder Nachverfolgung von Bildmaterial absichern. Aber hier muss der Antrag logischerweise vor dem Zeitpunkt des Schadensfalles gestellt worden sein.

Ein fachkundiger Anwalt kann vieles erreichen

Nachdem ich dann mit ein paar Leuten gesprochen habe, bin ich bei Kanzlei Riediger Legal fündig geworden, die diesen Fall übernommen haben. Natürlich musste ich den Anwalt aus eigener Tasche bezahlen. Aber in Anbetracht der horrenden Forderung und der zu erwartenden Reduzierung der Schadensforderung war es mir das wert.

Nachdem wir also ein entsprechendes Antwortschreiben aufgesetzt haben, der Anwalt die Unterlassungsverfügung in vielen Teilen abgeändert und für mich günstiger gestaltet hatte, hieß es warten. Die Erwiderung der Gegenseite ließ nicht lange auf sich warten, allerdings mit einem überraschend schnellem Entgegenkommen. Dass er sich so bereitwillig auf eine deutliche, sehr deutliche, Reduzierung der Forderungshöhe eingelassen hat, die wir im zweiten Anlauf noch einmal reduzieren konnten, zeigt mir, auf welch wackeligen Beinen diese Abmahnung stand.

Wir haben uns schlussendlich auf einen für mich weniger unangenehmen Betrag geeinigt, da ich nicht vor Gericht ziehen wollte, wobei es offen blieb, ob die Gegenseite mit derart dünnen Argumenten jemals einen Prozess riskiert hätte.

Fazit

  1. Augen auf bei der Wahl des Bildes, wenn es eines aus dem Netz ist
  2. Sich nicht von anwaltlichen Drohgebärden einschüchtern lassen
  3. eine Rechtschutzversicherung mit Abdeckung von Internet-Streitigkeiten zulegen

Ich kann nur hoffe, dass dieses Beispiel möglichst viele Blogger davon abhält, sich aus der Flickr-Bibliothek von Dennis S. zu bedienen.

Und da schau her, die Seite bilderdiebstahl.de ist aktuell „out of order“ – hat da wohl die DSGVO zugeschlagen? Man weiß es nicht ;-)


Abmahnung Abmahnhaie auf Tour

Quelle: Pixabay

Veröffentlicht in new Media.

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