Facebook und die Welt der Daten – Wir sind doch selber schuld an unserem Dasein als Datenvieh

Facebook steht am Pranger und alle Welt wippt mit Steinen in der Hand auf dem Weg zur gemeinsamen Steinigung. Ich halte die aktuelle Debatte um Datenschutz bei Facebook einerseits für notwendig, andererseits aber auch für absurd, weil viel zu kurz gegriffen. 

Alle kennen die Bedingungen und alle machen mit

Wer heutzutage noch überrascht oder wütend darüber ist, was Facebook von ihm alles weiß, der darf sich sehr gern den Button „DAU – Dümmster anzunehmender User“ an den Bildschirm pinnen. Denn derjenige würde wahrscheinlich auch einen Kreditvertrag per Telefon mit einem russisch sprechenden Gegenüber auf Treu und Glauben abschließen.

Sobald man online einen Dienst beginnt zu nutzen, muss man im Regelfall die AGB, Datenschutzbedingungen und sonstigen Bedingungen zustimmen. Einige sind auf Englisch – das ist zugegeben blöd, aber kein unlösbares Problem. Viele sind über mehrere Seiten lang – auch das ist blöd, aber mit Textfiltern und Suchen auch kein unlösbares Problem.

Wir sind nur einfach zu faul, uns die Bedingungen durchzulesen, sondern freuen uns über die kostenfreie Nutzung von geilen Tools. Nur ist eben nichts auf der Welt umsonst. Ich bezahle immer und wenn es meine persönlichen Daten sind, die als Währung in die Waagschale geworfen werden.

Die Sache mit der Medienkompetenz

Unser Kinder bekommen in der Schule so langsam aber stetig wachsend das Thema Medienkompetenz vermittelt. Projekte wie „Social Web macht Schule“, aber auch die Polizei tun ihr bestes, um schon den Kleinsten den Umgang mit sozialen Media nahe zu bringen. Da gehts um Bildrechte, Urheberrechte, Einstellungen, Privatsphäre und auch Missbrauch sowie Datendiebstahl.

Die nachwachsende Generation sollte also im Idealfall besser gerüstet für den medialen Schock sein als wir „Alten“ es sind. Weil viele von uns sind einfach nicht fähig für das Web 3.0!

Facebook ist nur die Spitze des Eisbergs

Ich kann das Geheule um Facebook nicht mehr hören. Es ist kein Geheimnis, dass ich auch kein sonderlicher Freund des blauen Riesen bin. Aber ich benutze ihn so wie er mich benutzt. Wir pflegen quasi eine symbiotische Beziehung – Parasit und Wirt – wobei nicht ganz klar ist, wer was darstellt.

Aber sich jetzt hinzustellen und Facebook für Dinge anzuprangern, die weder überraschend noch sonderlich tragisch sind, ist Heuchelei und die clevere Verschleierung von all den anderen Problemen im Netz.

Hand aufs Herz:

  • Wer geht gern online shoppen?
  • Wer hat eine PayBack-Karte und lässt die schön regelmäßig bei ARAL und REWE & Co. durchziehen um Punkte zusammeln?
  • Wer ist bei amazon registriert, kauft bei amazon und hat den FireTV Stick für unbegrenzten Filmgenuss zu Hause?
  • Wer hat ein Smartphone und nutzt Apps darauf?
  • Wer nutzt Amazon Echo, Google Home oder Sonos One als digitale Assistenten zu Hause?
  • Wer bezahlt online via PayPal?
  • Wer hat ein Google Konto und nutzt den Chrome-Browser?
  • Wer hat Windows 10 und Cortana aktiviert?
  • Wer nutzt einer der vielen Vorteilsangebote von Banken, Versicherungen und Online Händlern?
  • Wer nutz WhatsApp, Instagram, Vero und all die anderen sozialen Medien?

…….. die Liste der Fragen, die nur eine Antwort kennen, lässt sich beliebig erweitern! Über all diese Systeme und Angebote werden Daten von mir erhoben, verarbeitet, verkauft und verwendet. 

Die Welt der Daten ist mittlerweile so ineinander verwoben, perfide voneinander abhängig und auch unglaublich ausgereift, dass Facebook wirklich nur ein Tröpfchen und noch nicht einmal die Spitze des Eisbergs darstellt. Unterschied: Bei Facebook gebe ich freiwillig und absichtlich vieles von mir preis. Bei vielen anderen Dinge weiß oder ahne ich nicht einmal, welchen Weg meine Daten gehen. Wissen ist Macht und meine persönlichen Daten sind für Werbetreibende, Unternehmen, Krankenkassen, Banken, die Wirtschaft und auch die Politik unglaublich wertvoll. Vielleicht nicht unbedingt mein ganz persönlicher Datensatz, aber in Aggregation die Daten einer definierten Zielgruppe.

Persönliche Daten als neue Krypto-Währung

In China wird dieses Modell ja bereits umgesetzt, dass aus all den persönlichen Daten der dortigen Bevölkerung eine Bewertung erstellt wird – eine Art Rating- die sich positiv oder auch negativ auf eine Kreditentscheidung, den Beitragssatz zur Krankenversicherung, den Aufnahmeantrag in einen Verein … kurzum auf deren komplettes persönliches Leben auswirkt. Die dafür notwendigen Daten werden ständig und ohne ihr Zutun oder auch Wissen erhoben.

Wir selbst lassen es doch freudestrahlend zu, dass wir als Menschen nur noch eine Währung sind. Wir nutzen doch bereitwillig jeden Vorteil aus, der uns geboten wird. Ist es die kostenfreie Kreditkarte des Buchclubs, eine Vorteilsangebot gegen Zugang zu meinem Facebook-Profil oder auch das ständige Punktesammeln im Supermarkt auf Chipkarte, weil es ja ach so tolle Messer und Töpfe gibt.

Wir brauchen uns nicht wundern, dass wir die neue Krypto-Währung sind, besser gesagt unsere Daten. Wir tun ja alles dafür bzw. haben alles dafür getan, dass sich das System so entwickeln konnte.

Aller Anfang ist schwer

Also lasst uns gemeinsam anfangen, etwas mehr Gehirn in unser Tun zu investieren.

  • Cookies im Browser löschen und im besten Falle ganz blockieren
  • Privatsphäreeinstellungen bei sozialen Netzwerken so gut wie möglich nutzen
  • nicht jeden Sch*** liken und nicht jedem neuen Kanal folgen

Und vor allem sollten wir anfangen, uns nicht mehr unter Wert zu verkaufen. Unsere Daten sind verdammt viel Wert! Das muss uns endlich mal bewusst werden! Also verscherbeln wir sind nicht an jeden Erstbesten, der uns einen Lolilutscher anbietet, sondern denken kurz mal darüber nach, was wir für unser Leben bekommen.

 

 

Veröffentlicht in new Media.

2 Kommentare

  1. Dein Hinweis zum Cookies löschen ist zwar ansich ganz gut, aber in der Praxis oft nicht brauchbar. Wenn die Webanwendung nicht mehr macht, was sie soll, wird der Nutzer wieder weich.

    Stattdessen sollte man Cookies schon zulassen, aber eben nur solange man die Anwendung nutzt. Per Hand ist das natürlich viel zu umständlich, aber dafür gibt es Browser-Erweiterungen, die dank der neuen Webextension-Technologie auch gleich für alle vernünftigen Browser verfügbar sind. Ich kann dafür „Cookie AutoDelete“ empfehlen. Das löscht alle Cookies, wenn der Tab geschlossen wird (außer von Sites auf der Whitelist).

    Hier noch ein paar Tipps für deine #tuwat-Liste:

    * WordPress auf eigenem Server hosten, statt bei wp.com
    * Schriften und CSS-Bibliotheken auf dem eigenen Server ablegen statt von Google Fonts und anderen CDNs laden
    * Gravatar-Gedöns abschalten
    * Facebook- und Twitter-Präsenzen einfach verlinken, statt Third Party iFrame-Widgets einbinden
    * Google Captcha rauswerfen, oder wenigstens erst dann laden, wenn man wirklich kommentieren will und nicht nur lesen

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